Radrutschpartie im Winter: Die ungeräumten Radwege Berlins

Von | 10. Januar 2017
Foto: Andreas Hartmann (Attribution 2.0 Generic, CC BY 2.0)

Eindruck von der Invalidenstraße am 9.1.2017, dreieinhalb Tage nach dem Schneefall: Straße und Gehwege sind geräumt – was fehlt, ist der Radweg. Foto: Andreas Hartmann (Attribution 2.0 Generic, CC BY 2.0)

Von Andreas Hartmann

Radfahren im Berliner Winter ist häufig beschwerlich. Doch nicht die Witterung ist das größte Problem der Radfahrenden, sondern die Straßenverhältnisse: Nicht geräumte oder sogar mit Schnee zugeschaufelte Radwege und Radspuren machen das Fahrradfahren zu einer gefährlichen Rutschpartie. Ein weiterer Grund, das Radgesetz (RadG) des Volksentscheids Fahrrad endlich umzusetzen.

Jeden Winter sind sie unterwegs, und nicht alle von ihnen sind verrückt: die Auch-im-Winter-Radfahrenden. Die Gründe, das Fahrrad auch in der kalten, dunklen Jahreszeit zu nutzen, sind so vielfältig wie die Menschen selbst:

  • Kein Geld, in BVG-Tickets zu investieren
  • Der Stolz, den Elementen zu trotzen
  • Bekämpfung des Winterspecks, verursacht durch Dominosteine und Spekulatius
  • Linderung der Winterdepression durch körperliche Bewegung u.v.m.

Neben den hier aufgezählten individuellen Vorteilen ist Radfahren im Winter auch eine sehr soziale Angewohnheit. Denn Radfahrer senken den Ausstoß schädlicher Abgase und so das Smog-Risiko, das in Berlin vor allem in der kalten Jahreszeit besteht.

Skeptiker mögen rufen: „Aber die Kälte!“ Halb so wild, dagegen kann man sich schützen.

„Aber die Nässe!“ Halb so wild, dagegen kann man sich schützen.

„Das ist doch viel zu gefährlich!“ Ja, Radfahren im Winter kann in Berlin gefährlich sein. Das liegt aber weniger an der Witterung.  Denn es ist schon merkwürdig: Nach Einsetzen des Schneefalls sind viele Hauptverkehrsachsen geräumt und problemlos befahrbar – allerdings nur für Autofahrer. Dagegen werden selbst benutzungspflichtige Radwege von Räumfahrzeugen ignoriert. Oder noch schlimmer: Der Schnee der Fahrbahnen wird an den rechten Fahrbahnrand geschoben – dorthin, wo Radfahrer sich drängen sollen, wenn es keinen Radweg gibt.

Radfahrende können sich entscheiden: Entweder weichen sie auf die Fahrbahn aus – wozu die Sicht- und Sicherheitsverhältnisse bei Schnee und Eis wenig einladen. Nicht zu vergessen, der Zorn mancher Autofahrenden, die nicht verstehen, warum sie nicht nur vom Wetter, sondern auch von Fahrrädern ausgebremst werden. Oder die Radfahrenden werden verführt, auf den schmalen geräumten Streifen des Fußgängerwegs auszuweichen. Darüber ärgern sich dann die Passanten, zu Recht.

Schnee in Berlin ist keine Seltenheit. Was die Stadt braucht, ist eine verpflichtende Räumung der Radinfrastruktur, und zwar vor den Fahrbahnen. Denn das Fahrrad gewinnt als Verkehrsmittel in der Stadt immer mehr an Bedeutung und ist  noch stärker als Autos auf eine sichere Fahrbahn und einen befahrbaren Belag angewiesen. Darum ist die Politik aufgerufen, endlich das Radgesetz (RadG) des Volksentscheids Fahrrad umzusetzen. Hier wird die Schneeräumung der Fahrradinfrastruktur explizit festgeschrieben. Damit Berlin sich auch im Winter drehen kann und Radfahrende sicher und komfortabel unterwegs sind.

Häufig wird die Bedeutung der Wahlfreiheit des Verkehrsmittels betont. Doch bisher wurden im Winter vor allem die Radfahrerinnen und Radfahrer auf’s Glatteis geführt.

 


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