Rot-Rot-Grün: Klimaschutzziele durch Mobilitätsgesetz erreichbar?

Von | 21. Februar 2017

Berlin, 18.02.2017. Vertreter aus Senat, Club of Rome, VBB, Verband der Automobilindustrie und Volksentscheid Fahrrad haben gestern Abend (17. Februar) über den Beitrag des geplanten Radgesetzes für die Berliner Klimaschutzziele diskutiert. Das vom neuen Senat auf den Weg gebrachte Gesetz sollte nach Auffassung der Bürgerinitiative Volksentscheid Fahrrad an die gesetzlichen Klimaziele gekoppelt sein. Falls dies nicht geschieht, befürchtet die Initiative, dass die Chance verspielt wird, Berlins Klimaschutzziele schnellstmöglich zu erreichen. Ganz unten steht der Link zur Videoaufzeichnung der hochrangig besetzten Podiumsdiskussion in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung.

Berlin steht, wie weltweit alle Großstädte, vor der Herausforderung, schnell und effektiv Treibhausgase zu reduzieren. Für das international vereinbarte Ziel, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius bis 2050 zu begrenzen, ist der Verkehrssektor der entscheidende Hebel. Die sogenannte Verkehrswende, die zu diesem Ziel entscheidend beitragen kann, bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass Autofahrern erleichtert werden muss, bei anderen mitzufahren oder in Bus und Bahn oder auf das Fahrrad umzusteigen.

Prof. Dr. Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie sowie Mitglied im Club of Rome und dem wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung macht die Dringlichkeit lokalen Handels deutlich: „Schafft es eine westliche Metropole wie Berlin nicht, den CO2-Ausstoß vorausschauend zu senken, fällt eines der wichtigsten Vorbilder auf internationaler Ebene weg.“

Im Berliner Energiewendegesetz ist gesetzlich vorgeschrieben, bis 2030 die CO2-Emissionen um 60 Prozent zu reduzieren. Den wichtigsten Schlüssel, um dieses Ziel zu erreichen, sehen Mobilitätsexperten im Radverkehr. Das von der Initiative vorgelegte Radgesetz, das gemeinsam mit Politik und Verbänden gerade verhandelt und weiterentwickelt wird, kann das leisten.

„Ein Schmalspur-Radverkehrsausbauprogramm würde grandios die Klimaschutzziele für 2020 und 2030 verhageln“, sagt Heinrich Strößenreuther von der Initiative, der langjähriger Mobilitäts- und Klimaschutzexperte ist. „Vertretend für künftige Generationen und vom Klimawandel bedrohte Völker fordern wir mehr Verantwortung für eine ernsthafte Verkehrswende.“ Mit der Beteiligung der Grünen in der neuen Koalition bestehe endlich die Chance dazu. Sie müsse aber auch ergriffen werden.

Staatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne) verwies darauf, dass man mit dem Volksentscheid und den Fraktionen ein Mobilitätsgesetz verhandle. Dennoch konnte er noch nicht erläutern, in welchem Maße das anvisierte Mobilitätsgesetz die Klimaschutzziele des Landes Berlin erfüllen soll. Er deutete aber an, dass der Klimaschutzbeitrag ermittelt und als Ziel definiert werden soll.

In der Diskussion zeigt sich weiterhin, dass der öffentliche Verkehr einen wichtigen Beitrag leistet. Susanne Henckel, Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB), machte jedoch auch deutlich, dass aufgrund der langen Vorlaufzeit und der enorm hohen Kosten für eine weitere Kapazitätsausweitung der Klimaschutzbeitrag des öffentlichen Verkehrs für 2030 kaum noch beeinflussbar sei. Prof. Schneidewind wies darauf hin, dass daher kurz- und mittelfristig der Radverkehr den größten Reduktionsbeitrag schultern müsse.

„Wir fordern den Senat auf, zu zeigen, welchen Reduktionsbeitrag das anvisierte Mobilitätsgesetz leisten soll und muss“, mahnt Heinrich Strößenreuther. „Das vorliegende Radgesetz ermöglicht die Zielerreichung bis 2030. Es darf keine Abstriche zu Lasten der Klimaziele und internationaler Klimaschutzvorgaben geben.“

Im Berliner Energiewendegesetz, das die alte Regierungskoalition 2016 beschlossen hatte, wurde laut Strößenreuther bewusst geschummelt. Statt Null-Emissionen steht in dem Gesetz entgegen aller internationalen Vereinbarungen nur 85 Prozent CO2-Einsparung bis 2050. Für 2020 sieht das Gesetz zwar 40 Prozent Einsparung vor, tatsächlich werden wahrscheinlich nur 19 Prozent erreicht, wenn es so weitergeht.

„Nun muss die Berliner SPD zu ihrem Wort stehen und sich mutig und gemeinsam mit den Koalitionspartnern und uns Bürgern für den Kampf gegen den Klimawandel einsetzen“, sagt Dr. Denis Petri, einer der Verhandlungspartner der Initiative Volksentscheid Fahrrad. „Gerechtigkeit zwischen den Generationen ist eines der großen Themen des Klimawandels.“

Weiterführende Links:

Link zu der Videoaufzeichnung (Facebook-Livestream): https://www.facebook.com/VolksentscheidFahrrad/videos/999796616819049/
Link zur Präsentation zu den klimapolitischen Herausforderungen in Berlin: https://volksentscheid-fahrrad.de/wp-content/uploads/2016/05/160530-Präsentation-New-Urban-Agenda-fin-1.pdf
Link zu Hintergrundinformationen: https://volksentscheid-fahrrad.de/2017/02/08/das-radgesetz-macht-berlin-lebenswert-schuetzt-das-klima-und-die-eisbaeren-3299/
Link zum Berliner Enerige- und Klimaschutzprogramm: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/klimaschutz/bek_berlin/
Link zum Berliner Energiewendegesetz: http://gesetze.berlin.de/jportal/;jsessionid=9796D2278713749BD4AE4A8C522A6680.jp25?quelle=jlink&query=EWendG+BE&psml=bsbeprod.psml&max=true&aiz=true#jlr-EWendGBErahmen
Link zum RadGesetz (RadG): https://volksentscheid-fahrrad.de/wp-content/uploads/2016/07/RadG_2016_07_12-Änderungen.pdf
Fotos von der Podiumsdiskussion zur freien Verwendung: https://www.picdrop.de/volksentscheidfahrrad/presse?img=ae26e73b293f6493244b16d3b78d88f7
Informationen zum Volksentscheid Fahrrad: https://volksentscheid-fahrrad.de

Ansprechpartner für die Presse im Team Volksentscheid Fahrrad:

Heinrich Strößenreuther, 0160-9744 2395, presse@volksentscheid-fahrrad.de

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexperten, Demokratie-Retter und Fahrrad-Enthusiasten. Viele Verbände, Unternehmen und Wissenschaftler unterstützten das Anliegen, das Radverkehrsgesetz (RadG) schnell in Kraft zu setzen. Ziel ist, dass wir Berlinerinnen und Berliner sicher und entspannt Radfahren können; dafür hat die Initiative das Berliner Radverkehrsgesetz (RadG) erarbeitet. Nur mit dem RadG kann der Senat dauerhaft verpflichtet werden, schnell und aktiv eine gute Radinfrastruktur zu schaffen. Der 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benennt konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad ist Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berlinern unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition hat zugesagt, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen, ein Mobilitätsgesetz auf Basis des RadGesetzes bis Frühjahr 2017 in Kraft zu setzen und ab 2018 jährlich mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege zu investieren. Über 100 aktive Mitstreiter organisieren sich selbst durch Online-Projekttools und durch schnelle, handlungsorientierte Entscheidungsfindung. Der gemeinnützige Trägerverein Netzwerk Lebenswerte Stadt e.V. wurde gegründet und ermöglicht es der Initiative, Spenden entgegenzunehmen.


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